Big Data in der Personalauswahl – wertvolle Information oder nutzlos?
Warum Big Data den Erfolg von Mitarbeitern nicht zuverlässig prognostiziert – und datenschutzrechtlich fragwürdig ist
Über jede Person werden täglich Daten gesammelt. Riesige Mengen Daten – Big Data. Vieles davon ist frei zugänglich im Internet zu finden: Profile aus sozialen Netzwerken, Beiträge und Bewertungen, Suchanfragen, Bestellhistorien und Forenbeiträge. Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) lassen sich daraus jede Menge Informationen über einzelne Personen herausfiltern.
Einigen Unternehmen scheint es verlockend, diese kostenlos verfügbaren Daten zusammenzuführen und auch in der Personalauswahl einzusetzen. Denn bietet Big Data nicht einen zusätzlichen Blick auf die Persönlichkeit des Bewerbers, der für Arbeitgeber relevant ist?
Arbeitgeber erhoffen sich von Big Data die Auswahl des perfekten Mitarbeiters
Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto genauer wird das Bild – das ist die Idee hinter dem Einsatz von Big Data. Auch für Unternehmen, denn sie wünschen sich Sicherheit bei der Bewerberauswahl. Dafür möchten sie sich ein möglichst genaues und zutreffendes Bild über potenzielle Mitarbeiter machen. Ist ein Bewerber für die ausgeschriebene Stelle geeignet und wie wird er sich bewähren? Welche Potenziale bringt er mit? Arbeitgeber schauen dabei sowohl auf berufliche Erfahrungen als auch persönliche Eigenschaften.
Wie Background Checking Agencies Big Data für die Personalauswahl einsetzen
Der Einsatz von KI bei der Auswertung von Big Data beginnt im Grunde schon beim sogenannten CV-Parsing, bei dem automatisiert Teile aus Lebensläufen extrahiert werden, die dann einer Diagnostik zugänglich gemacht werden. Dies ist ein einfaches Beispiel für Datensammlung und -auswertung.
Background Checking Agencies bieten weitergehende Dienste an: Sie ziehen Daten aus verschiedenen Informationsquellen wie etwa LinkedIn oder Facebook, von Websites und weiteren Quellen. Die Daten verknüpfen sie miteinander, fügen sie zur Bewerberakte hinzu und ziehen daraus ihre Schlussfolgerung.
In vielen anderen Ländern wie beispielsweise den USA kommt man zudem vergleichsweise leicht an Informationen, die in Europa nicht öffentlich zugänglich sind: Angaben zu Krediten, medizinische Daten oder Informationen aus dem Strafregister, sofern es solche gibt. Background Checking Agencies gleichen Kreditkartendaten ab, erfassen den Studienkredit und kennen die Hypothek auf das Eigenheim. Und sie wissen, ob ein Bewerber schon einmal unter Einfluss toxischer Substanzen Auto gefahren ist und dabei in eine Polizeikontrolle geraten ist. Denn auch diese Daten sind dort öffentlich.
Auf diese Weise sammeln Background Checking Agencies eine breite Informationsbasis über einen Bewerber, um möglichst viel von dem zu kennen, was Arbeitgeber zum Zeitpunkt einer Einstellung wissen möchten. Anbieter treffen dann aus dem Verhalten von Usern Ableitungen und ziehen Schlussfolgerungen – ähnlich wie es Online-Händler tun oder wie Google es macht, um aus verschiedensten Daten und Spuren, die wir hinterlassen, Schlüsse zu ziehen.
Warum Big Data in der Personalauswahl äußerst fragwürdig ist
Wir bei HR Diagnostics nutzen keine Big-Data-Analysen für die Personalauswahl. Denn die grundsätzliche Frage ist, wie sinnvoll eine Auswertung von Big Data für Personalentscheidungen überhaupt ist. Wir haben darauf drei klare Antworten:
1. Big-Data-Analysen sind nicht mit geltenden europäischen Datenschutzrichtlinien zu vereinbaren
Persönliche Daten zu sammeln und auszuwerten, stößt an gesetzliche Grenzen des Datenschutzes und auch der Persönlichkeitsrechte einer Person. Denn nicht jede Information, die über eine Person verfügbar ist, geht auch potenzielle Arbeitgeber etwas an. Und nicht alles, was an Daten verfügbar ist, darf zu einer Einstellungsentscheidung verdichtet werden – schon gar nicht automatisiert. Denn die Hoheit, welche Daten ein Bewerber seinem potentiell künftigen Arbeitgeber zur Verfügung stellen möchte, bleibt ausschließlich bei ihm selbst.
Deswegen setzen wir bei HR Diagnostics nach wie vor auf Datenlagen, die Kandidaten freiwillig selbst über sich bereitstellen.
Alles, was der Gesetzgeber nicht als Frage in einem Bewerbungsgespräch zulässt, sollten Sie auch nicht auf anderem Wege sammeln. Was in keinem Zusammenhang mit dem Job steht oder unzulässig diskriminiert, sollte in einer Bewerberakte gar nicht erst auftauchen. Setzen Sie eignungsdiagnostische Tests made in Germany ein, die den gesetzlich vorgeschriebenen Datenschutz einhalten.
2. Historische Daten ermöglichen keine zuverlässige Prognose des Berufserfolgs
Ein wesentlicher Schwachpunkt für Big Data in der Personalauswahl liegt außerdem darin, dass eine Analyse nur auswertet, welche Themen eine Person in der Vergangenheit bewegt haben. Daran zeigt sich das grundsätzliche Problem von Big Data:
Big Data besteht im Grundsatz nur aus historischen Daten.
Bewirbt sich jemand jedoch auf eine Stelle, die anders ist als das, was er bisher gemacht hat, so passt die historische Datenlage nicht mit den Voraussetzungen des neuen Jobs zusammen. An der Stelle bricht das Big-Data-Prognosemodell auseinander.
Nehmen wir beispielsweise an, jemand bewirbt sich ohne entsprechende Berufserfahrung auf eine Führungsposition. Dann ist in allen biographischen Daten, die man zu dieser Person historisch extrahieren kann, genau der Beleg, dass er führen kann, nicht zu finden. Der auswertende Algorithmus würde daher sagen: Der Bewerber hat keine Erfahrung, er ist für die Stelle nicht geeignet. Womit er falsch liegen könnte. Aber eine zuverlässige Prognose kann der Algorithmus einfach nicht leisten.
3. Der Einsatz von Big Data in der Personalauswahl ist nicht wissenschaftlich fundiert
Eine Grundlage seriöser Eignungsdiagnostik ist es außerdem, nur Daten zu erheben, die für den Anlass auch relevant sind. Wir bauen nur auf Testergebnissen auf, die wir wissenschaftlich fundiert erhalten haben. Denn nur diese Daten sind reliabel, objektiv und valide. Dazu gehören etwa Methoden der multimodalen Eignungsdiagnostik, Intelligenztests oder Arbeitsproben.
Wenn Sie alles über die Hobbies eines Bewerbers wissen, dann wissen sie zwar einige Details mehr über ihn. Aber ist dieses Wissen auch relevant für den künftigen Arbeitsplatz?
Wir testen, was wissenschaftlich gesehen Fug und Recht hat, legal und relevant ist – und obendrein noch dazu beiträgt, dass Kandidaten sich im Auswahlprozess wohl fühlen.
Ausblick: Algorithmen in der Datenanalyse und warum sie keine Verzerrungen ausschließen können
Bei aller Standardisierung durch webbasierte, wissenschaftlich fundierte Testverfahren und Automatisierungen während des Recruitingprozesses durch Software entscheidet am Ende ein Mensch, wer eingestellt wird. In Europa ist dies auch gesetzlich so gefordert: automatisierte Entscheidungen sind nicht zulässig.
Es ist aber grundsätzlich denkbar, dass zur Auswertung von Daten und anschließenden Entscheidungen bei der Personalauswahl auch KI unterstützend eingesetzt wird. Über eine Rückmeldung zum Prozess lernt der Algorithmus der Künstlichen Intelligenz dann weiter und wird immer genauer.
Wie gut die Ergebnisse der Datenanalyse sind, hängt dabei allerdings davon ab, auf welcher Datengrundlage der Algorithmus gelernt hat. Eine Verzerrung der Ergebnisse kann nämlich entstehen, wenn der Lernalgorithmus von falschen Annahmen ausgeht. Die genaue Auswahl einer möglichst repräsentativen Stichprobe, mit der man den Algorithmus entwickelt, ist wesentlich, um Verzerrungen zu minimieren. Als entscheidungsvorbereitendes Hilfsmittel ist der Einsatz von KI künftig deshalb dann denkbar, wenn genau bekannt ist, aus welchen Datenbasen und auf Basis welcher Stichproben der KI-Algorithmus lernt – dies muss der Mensch vorgeben.
Eine KI kann die Personalabteilung jedoch in ihren Entscheidungen unterstützen und dafür vorhandene Daten verdichten und aufbereiten, beispielsweise Informationen zu allen Teststufen, Interviews oder Arbeitsproben. Daraus kann ein Zeit- und Qualitätsgewinn entstehen, der allen Beteiligten zugute kommt.
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